Mein Herz und andere schwarze Löcher


Mein Herz und andere schwarze Löcher von Jasmine Warga

Zusammenfassung:

Wenn dein Herz sich anfühlt wie ein gähnendes schwarzes Loch, das alles verschlingt, welchen Sinn macht es dann noch, jeden Morgen aufzustehen? Aysel will nicht mehr leben – sie wartet nur noch auf den richtigen Zeitpunkt, sich für immer zu verabschieden. Als sie im Internet Roman kennenlernt, scheint er der perfekte Komplize für ihr Vorhaben zu sein. Und während die beiden ihren gemeinsamen Tod planen, spürt Aysel, wie sehr sich auf die Treffen mit Roman freut, wie hell und leicht ihr Herz sein kann. Und plötzlich ist der Gedanke, das alles könnte ein Ende haben, vollkommen unerträglich ... Aysel beginnt zu kämpfen. Um ihr Leben. Um sein Leben. Und um ihre gemeinsame Liebe.

Rezension:


Die Sonne spiegelt sich in dem polierten Holzfussboden, und ich frage mich, wo meine Mitschüler mit ihrem ganzen Hass, mir ihrer Wut und ihrer Angst hingegen werden, wenn sie mich nicht mehr haben.Ich kann es kaum erwarten, bis sie mich endlich nicht mehr haben.

Die Kurzfassung ist: Ich bin mit diesem Buch einfach nicht sonderlich gut klargekommen. Von Anfang an schon haben wir uns einfach nicht wirklich verstanden. (Anfangs kann ich nicht genau bestimmen, woran das liegt, aber mir kam Aysel einfach ziemlich oberflächlich vor. Also, sie war nicht oberflächlich als Charakter, sondern ihr Charakter war oberflächlich und irgendwie nicht vollständig ausgebaut? Ich konnte mich halt kaum mit ihr identifizieren, was eigentlich nicht sonderlich schwer hätte sein sollen in Anbetracht der Tatsache, dass ich selber schon ein verzweifeltes sechzehnjähriges Mädchen gewesen bin, mit einer schwarzen Qualle im Bauch.)

Die Langfassung enthält Spoiler, also würde ich dir, wenn dich dieses Buch interessiert (man kann ja auch immer noch andere Reviews lesen, dieses Buch kommt sonst überall fantastisch an, soweit ich das beurteilen kann), empfehlen, diese Rezension auf sich beruhen zu lassen und nicht weiterlesen. Ich meine es Ernst, ich werde nämlich definitiv viel über das Ende reden. Du bist gewarnt.

Zunächst muss ich mich, mal wieder, über etwas Dummes beschweren. Wer mich nicht kennt: Ich habe immer wieder sehr spezifische, leider (für mich) tiefgreifende Probleme mit Büchern, denen es an Logik fehlt. Aysel fehlt es leider an Logik. Sie hat diese ganzen "physikalischen" Überlegungen in Bezug auf die Energieerhaltung (Randbemerkung: Ich finde es sehr cool, wenn man Protagonisten hat, die sich für Naturwissenschaften interessieren, mein Problem liegt also ganz sicher nicht darin, sondern nur in der Umsetzung dieser Eigenschaft.) und beginnt darüber zu philosophieren, was mit der Energie von Menschen passiert, wenn diese sterben. Es wird ausserdem behauptet, dass Aysel gut in Physik ist. Nun, es tut mir ja leid, aber mein Physikunterricht liegt mittlerweile drei Jahre zurück (und das Thema der Energieerhaltung noch länger), aber jeder, der sich ein wenig damit befasst hat, sollte in der Lage sein, das zu verstehen, es ist immerhin nicht unüblich, dass Menschen/Tiere/Pflanzen/Pilze/... sterben und uns wäre wohl mittlerweile aufgefallen, wenn es so viel Energie gibt, die einfach verschwinden würde, weil der Tod anscheinend die Energie mit sich reisst. (Die, sehr einfache, Lösung für dieses Problem, falls du dich noch nie mit Energieerhaltung befasst hast ist diese: Es gibt viele Arten, wie Energie übertragen werden kann: Hitze, die dein Körper abgibt, zum Beispiel. Eine Leiche – egal ob Mensch, Tier, oder Baum – wird normalerweise auf sehr viele Arten wiederverwertet: als Futter, oder, nach laaanger Zeit, als fossiler Brennstoff. Nein, es muss nicht bedeuten, dass ein fossiler Brennstoff zwangsläufig irgendwann in Feuer ausbricht, nur um die Energie zu verwerten, aber er hat das Potential viel Energie abzugeben und darum geht es in der Energieerhaltung. Nichts geht verloren, alle Energie bleibt irgendwo, irgendwie vorhanden.)
Kurzgesagt: Es hat mich einfach genervt, dass man Aysel diesen Physik-Genie Status verliehen hat, sie aber an Energieerhaltung gescheitert ist. Jetzt mal ehrlich, das ist doch einfach nur nervig. Und es ist nichtmal so, als würde sie am Ende nochmal daran denken und dem ganzen Thema, das sie anfangs so sehr interessiert hat, noch eine Auflösung geben, nein, es hört einfach plötzlich auf.

Dann ist da natürlich das Ende. Ich gebe zu, mir war bewusst, dass sich Aysel und Roman nicht umbringen würden, aber wie das dann umgesetzt wurde hat mich einfach genervt. Da verliebt sich Aysel in Roman und, über Nacht, merkt sie, dass sie doch eigentlich gar nicht sterben will. Ich habe es oben schon erwähnt, aber als ehemalige verzweifelte Sechzehnjährige mit schwarzer Qualle im Bauch, halte ich es für arg unsensibel (wenn nicht sogar respektlos) zu behaupten, dass man einfach so gegen seine Depressionen ankämpfen kann und es dann auch, einfach so, besser wird. Klar geht es immer mal wieder hoch und runter, aber die ersten Fortschritte, die ich damals gemacht habe, waren mehr von der "doch, ich glaube bis morgen/nächste Woche/nächsten Monat halte ich es durch" (ganz am Anfang der Besserung, mit vielen schlechten Tagen dazwischen) oder der "doch, bis zu XY schaffe ich es noch" (mit weniger schlechten Tagen dazwischen) oder sogar der "ja, ich glaube bis XY habe ich eine Zukunft" (schon beinahe über dem Berg) Art. Und, natürlich, es gibt keine Musterbeispiele und ich bin ganz recht erst keines, trotzdem kann ich mit Gewissheit sagen, dass man nach 20 Tagen nicht von Depressionen geheilt ist. Ausserdem bin ich mir ziemlich sicher, dass Aysel mir, am Anfang des Buches, da auch zugestimmt hätte.

Schlimmer noch! Es gibt einige Szenen, in denen gezeigt wird, dass sich Aysels Familie etwas mehr um sie bemüht, sogar ihre Mitschüler haben, sehr beschränkt, die Möglichkeit, ihr gut zuzureden, aber all das wird einfach beiseite gewischt weil Roman. Dabei ist das Buch nichtmal wirklich kitschig, bis Aysel plötzlich zum Kitschmonster-1000 verwandelt wird. Wieso, zum Teufel, sollte die Welt plötzlich besser sein, nur weil Junge?

Was die meisten Leute nicht verstehen: Depressionen haben nicht mit der Umgebung, den äusseren Umständen zu tun. Es geht nur um die Innenwelt. Etwas in mir stimmt nicht. Klar, es gibt Dinge in meinem Leben, die mir ein Gefühl von Einsamkeit vermitteln, aber durch nichts fühle ich mich so isoliert und verängstig wie durch die Stimmen in meinem eigenen Kopf.

Hach, hättest du nur mal auf dich selber gehört, Aysel.

Bewertung:

Ich fühle mich fast ein wenig arg streng, aber irgendwie halte ich 2/5 Sterne schon für berechtigt. Tut mir Leid, Buch, ich hatte eigentlich gehofft, dich in mein Herz schliessen zu können.

Details:

Name: Mein Herz und andere schwarze Löcher
Originaltitel: My Heart and Other Black Holes
Autor: Jasmine Warga
Verlag: Sauerländer
Seitenanzahl: 384 (aber, in dieser Ausgabe zumindest, ist alles sehr gross geschrieben, liest sich also mehr wie 200 Seiten anstelle der beinahe 400)

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