Auf Umwegen
Auf Umwegen von Andrew Smith
Zusammenfassung:
Finn berechnet die Zeit in Meilen, nicht in Minuten. So erklärt er sich die Welt und so überzeugt er sich davon, wirklich zu sein, nicht eine Romanfigur im Kult-Bestseller seines Vaters. Stets am Rande der Katastrophe - als Kind ist ein totes Pferd von einer Brücke auf ihn gefallen - hat Finn immerhin den besten Freund der Welt: den total irren, aber ganz vortrefflichen Cade. Und dann lernt er Julia kennen, das erste Mädchen, das er liebt.
Rezension:
"Ich will nicht von meinen Eltern gefahren werden. Welcher Elftklässler lässt sich noch von seinen Eltern fahren? Reicht mir eh schon, wie die mich wie ein Baby behandeln. Da versuche ich lieber mein Glück bei den Kinderschändern."
Ich habe die ersten Seiten des Buches gelesen und mir war sofort klar: Das wird nichts für mich. Finn hat mich viel zu sehr an Jacob aus Die Insel der besonderen Kinder erinnert, als das ich ihn auch nur annähernd hätte mögen können, Cade war so angestrengt "lustig", dass es mich unglaublich genervt hat und allgemein wirkte alles nur so oberflächlich. Obwohl ich die ersten hundert Seiten also definitiv schrecklich fand (keine Ahnung, wie ich da durch gekommen bin), wurde es danach ein wenig besser. Die letzten dreissig Seiten waren sogar ziemlich nett. Nein, es ist kein Buch für mich, aber es ist auch keine totale Katastrophe.
Wie schon erwähnt, hat mich Finn anfangs (ziemlich lange noch) unheimlich genervt. Zuerst wirkte er wirklich wie Jacob (siehe oben), total selbstgerecht und ständig grundlos missgelaunt. Aus irgendeinem Grund, behauptet Finn die ganze Zeit, dass er gut darin sei, "gut drauf" zu sein (oder sowas) und ich bin mir nicht sicher, ob 1. ein paar hundert Seiten aus dem Buch geschnitten wurden, in denen Finn "gut drauf" ist, 2. das eine ironische Aussage war, 3. mies gelaunt, eifersüchtig und generell angepisst zu sein, neuerdings als "gut drauf" gilt, oder 4. das ganze einfach eine bescheuert haltlose Aussage ist, mit der man sich als Mensch, der mal Teenager war oder noch ist, identifizieren soll. Ganz ehrlich? Finn war eigentlich kein einziges Mal (ausser in den letzen 30 Seiten) "gut drauf". Ok, vielleicht könnte man sagen, dass er manchmal nahe dran war, aber selbst dann wurde ihm wieder irgendetwas peinlich und dann war er deswegen angepisst. Jajaja, "gut drauf" - meine Fresse.
Wenigstens verliert Finn im Laufe der Geschichte mehr und mehr seine Ähnlichkeit mit Jacob (die Ähnlichkeit war vor allem Anfang, eher artifizieller Natur und lag an einer gewissen Ähnlichkeit der Erzählstimmen, zwischen den beiden). Trotzdem bleibt er, für mich, ein recht oberflächlicher Charakter, ich habe ihn zwar mit der Zeit fast schon ein wenig gern gewonnen (und nochmal: vor allem während der letzten 30 Seiten), aber wirklich identifizieren konnte ich mich nicht mit ihm. Ich habe, zum Beispiel, nie ganz kapiert, was seine Obsession mit den Büchern seines Vaters soll. Also, ja, ich habe es oberflächlich kapiert, aber erst während dem letzten Teil, als Cade ständig Witze über die Ähnlichkeit zwischen ihnen gemacht hat, konnte ich tatsächlich verstehen, was genau das Problem ist.
Und das ist allgemein ein Punkt, der mich am meisten genervt hat - wie bescheuert oberflächlich alles ist. Mit "alles" meine ich ausserdem vor allem "Charaktere".
Angefangen bei Cade, der total einseitig dargestellt wird (ein Rebell, der viel trinkt und eine grosse Klappe hat) und auch im Laufe der Geschichte keinerlei weitere Dimensionen bekommt (Nicht mal, als ein Lehrer sozusagen vor seiner Nase stirbt, nachdem er ihn absichtlich fertig gemacht hat, kein Zeichen von Unsicherheit oder so, nein, nur ein weiterer Witz - kapiere ich da irgendeine Art der Ironie nicht, oder ist das wirklich so schlecht?). Da gibt es weder Entwicklung, noch irgendetwas, das sowas wie ein "Blick hinter die Kulissen" sein könnte (vielleicht Ansatzweise um die letzten 30 Seiten rum) und das ist einfach nur ziemlich langweilig.
Was genau mit Julia los ist kapiere ich auch überhaupt nicht. Ich meine, sie wird total gepriesen, dabei ist ihr Charakter vollkommen inexistent, selbst in Szenen, in denen sie mit von der Partie ist, könnte sie genau so gut nicht da sein, sie ist, irgendwie, total überflüssig, abgesehen davon, dass Finn halt irgendjemanden braucht, in den er sich (anscheinend absolut grundlos) verlieben kann. Nur als Beispiel: Finn findet es zuerst total abgefahren, dass Julia bemerkt, dass er zwei verschiedenfarbige Augen hat, weil Leute das anscheinend nie merken. Das macht sie zu etwas Besonderem! Dabei musste ich (natürlich) sofort an Der kleine Prinz denken, wie der Prinz sofort erkannt hat, dass die Zeichnung Nr. 1 kein Hut, sondern ein Elefant in einer Riesenschlange ist. Dadurch hat man erkannt, dass der kleine Prinz besonders ist, aber dabei hört es doch nicht auf, nein, auch danach beweist der Prinz wieder und wieder, dass er besonders ist, Julia hingegen? Nope, könnte so ziemlich jeder X-beliebige Mensch sein (der kein Arschloch ist). Nicht mal die Sache, dass sie ihn "ständig verarscht" wird weiter ausgebaut, es wird einfach irgendwie vergessen (mal ganz abgesehen davon, dass Finn doch schon ziemlich bescheuert sein muss, um ernsthaft zu glauben, was sie ihm da manchmal andreht). (Spoiler: In den letzten 30 Seiten kommt Julia kaum vor.)
Ich könnte jetzt noch mit anderen Charakteren weiter machen - auch, wenn es nicht viele gibt - aber, ich glaube, ich belasse es jetzt einfach mal hierbei.
Also, puh, wirklich, 90% des Buches waren für mich einfach nur ziemlich ekelhaft mühsam, und ich wünschte, das Buch wäre mehr wie die letzten 30 Seiten gewesen.
Bewertung:
Als ich mit schreiben angefangen habe, war ich noch drauf und dran, dem Buch 3/5 Sternen zu geben (die Magie eines guten Schlusses: er bleibt viel besser Haften, als ein guter Anfang), aber nachdem ich das alles noch einmal aufgefrischt habe, kann ich einfach nicht. Ganz ehrlich: nein. Ich kann dem Buch nicht mehr als 2/5 Sterne geben.
Details:
Name: Auf Umwegen
Original: 100 Sideway Miles
Autor: Andrew Smith
Verlag: Königskinder
Seitenanzahl: 336
Wo?: Amazon
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